Ein Update zu Rn. 130

Zum Werk: Froitzheim, Die Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit - Internationale Standards und Kasuistik

Niedrigerer Unbefangenheitesstandard als bei staatlichen Richtern
Update vom 17.10.2017

Stürner, JZ 905, 911 verweist auf die wirtschaftliche Abhängigkeit der Schiedsrichter, neue Ernennungen von den Parteien zu erhalten. Er geht deswegen davon aus, dass die Schiedsrichter nur einen niedrigeren Standard der Unbefangenheit erfüllen können. Eine Gleichbehandlung der Schiedsrichter mit staatlichen Richtern sei deswegen "eigentlich kaum haltbar". Mit den Argumenten aus Rn. 525 ist dem jedoch entgegenzutreten. Demnach besteht nur dann ein wirklicher Interessenkonflikt, wenn die Rn. 525 ff. genannten Kriterien zusätzlich vorliegen.

Stürner bezieht sich bei dieser Kritik an der Schiedsgerichtsbarkeit insgesamt besonders auf die Sportschiedsgerichtsbarkeit und die dort herrschenden Verhältnisse. So verweist er mehrfach auf die besondere Macht der Sportverbände und die unterlegene Rolle der jeweiligen Sportler. Dies mögen Missstände sein. Eine genaue Untersuchung der Sportschiedsgerichtsbarkeit ist hier nicht möglich. Jedoch begründet dies keine generelle Absenkung des schiedsrlicherlichen Unbefangenheitsstandard im Vergleich zu staatlichen Richtern. Vielmehr betreffen diese ggf. vorliegenden Missstände nur einen Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit und nicht die Schiedsgerichtsbarkeit insgesamt. Selbst wenn aber die von Stürner aufgezählten Missstände die gesamte Schiedsgerichtsbarkeit betreffen würden, würde dies nichts an dem rechtlich geforderten Unbefangenheitsstandard ändern. Auch bei der Ernennung der Beisitzer in einem Dreiertribunal wird teilweise vertreten, dass die Praxis der Parteien, befangene Schiedsrichter als Beisitzer zu ernennen, eine Änderung des rechtlich geforderten Unbefangenheitsstandards auslöse. Dies wurde schon in Rn. 151 abgelehnt. Ähnliches gilt hier. Selbst wenn alle Schiedsverfahren unter ähnlichen Missständen leiden würden, blieben es Missstände und damit (in den von Stürner genannten Fällen) potentielle Ablehnungsgründe. Es mag an effektiven rechtlichen Möglichkeiten der Durchsetzung dieser Ablehnungsgründe mangeln. Diese sind dann als Korrektiv dieser Fehlentwicklung einzuführen. Dies sollte der Anspruch der Schiedsrechtspraktiker und auch der staatlichen Justiz sein. Es ist aus beiden Blickwinkeln kontraproduktiv, wenn man die wichtige und rechtsstaatlich gebotene Unbefangenheit der Schiedsrichter nicht verteidigt, weil diese in von einigen Teilen der Nutzer der Schiedsgerichtsbarkeit anscheinend nicht gewollt ist. Wenn diese es nun schaffen, einige Schiedsverfahren ohne die völlige Einhaltung rechtstaatlicher Grundsätze durchzuführe, ändert dies an eben diesen Grundsätzen nichts.




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